Gemeinsamfür Mensch und Natur

Gesänge aus der Unterwelt

Naturschützer suchen die Maulwurfsgrille

Im Erdreich Bonner Gärten lebt ein urtümliches Tier. Mit seinen kräftigen Grabschaufeln wühlt es sich durch den Untergrund und bleibt dabei fast immer unsichtbar. Mit seinem lauten Gesang macht das außergewöhnliche Geschöpf allerdings auf sich aufmerksam. Die Rede ist von der Maulwurfsgrille. Die Maulwurfsgrille ist mit bis zu 5 cm eines der größten Insekten unserer Region und mit ihren an den Maulwurf erinnernden, zu Grabschaufeln umgebildeten Vorderbeinen auch sicher eines der auffälligsten. Den Großteil ihres mehrjährigen Lebens verbringen sie unterirdisch, wo sie sich von Würmern und Insektenlarven ernähren. Angst um Kartoffeln und Dahlien muss man sich also nicht machen – Schäden an Pflanzen werden nur sehr selten beobachtet. 

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An die frische Luft wagt sich das scheue Tier nur zur Paarungszeit im Frühling. Dann kann man auch den trillernden Lockruf der Männchen hören, den sie nachts von den knapp unter der Erdoberfläche befindlichen Gängen aus vortragen. Der Gesang ist 20 bis 40 Meter weit hörbar. Maulwurfsgrillen bevorzugen warme und feuchte Lebensräume wie Feuchtwiesen, Flachmoore, Gräben und Gewässerufer, deren Böden locker genug zum Graben sind. Daher werden auch von Menschen geschaffene Lebensräume wie Gärten, Äcker und sogar Komposthaufen von ihr besiedelt. Die beste Gelegenheit, das ungewöhnliche Tier zu Gesicht bekommen, hat man deswegen beim Umgraben. 

Aber auch ein solcher Zufallsfund ist heute fast nirgends mehr möglich, denn die Maulwurfsgrille ist selten geworden. Noch vor 100 Jahren gab es sie überall in der Region Bonn/Rhein-Sieg, sowohl in Bonn selbst wie auch aus dem im Vorgebirge und in der Siegaue. Die zunehmende Bebauung, vor allem aber der Rückgang von Kleingärten zugunsten von Zier- und neuerdings Steingärten, hat der Maulwurfsgrille den Lebensraum geraubt. Noch bis in die 2000er Jahre hinein gab es aus Beuel immer wieder Fundmeldungen des heimlichen Insektes, danach wurde es – buchstäblich – still um den nächtlichen Sänger. Erst im Jahr 2022 tauchte ein einzelnes Tier in einer Kleingartenanlage in Oberkassel auf, zur großen Überraschung der Naturschützer.

Um sich ein Bild der aktuellen Verbreitung der Maulwurfsgrille zu machen und ein mögliches Schutzkonzept zu erarbeiten, ruft der NABU Bonn dazu auf, Vorkommen der Maulwurfsgrille zu melden. Dabei geht es nicht nur um aktuelle Beobachtungen, sondern auch um Funde aus den letzten zwei Jahrzehnten. Die Naturfreunde hoffen auf Meldungen von Menschen, die den nächtlichen Gesang gehört oder Tiere beim Umgraben entdeckt haben.Meldungen nimmt der NABU unter info@nabu-bonn.de entgegen. Den Gesang der Maulwurfsgrille kann man sich hier anhören:https://www.orthoptera.ch/arten/item/gryllotalpa-gryllotalpa